Amsoldingen, 22. November 2016
Liebe Mitglieder der PBA,
liebe Besucher unserer Homepage,
an der kommenden Gemeindeversammlung steht die Totalrevision der Gemeindeordnung zur Genehmigung an. Was relativ harmlos daherkommt, hat es in sich.
Worum geht es?
An der vergangenen Gemeindeversammlung im Sommer wurde die Initiative zur Abschaffung der Urnenwahl angenommen. Dies hat zur Konsequenz, dass das Reglement zur Durchführung von Urnenwahlen aufgehoben wird und die Grundlagen zur Durchführung von Wahlen an der Gemeindeversammlung in die Gemeindeordnung neu aufgenommen werden müssen. Diese Anpassung hat den Gemeinderat veranlasst die Gemeindeordnung einer Totalrevision zu unterziehen. Im Kanton Bern müssen totalrevidierte Gemeindeordnungen dem Amt für Gemeinden und Raumordnung (AGR) zur Vorprüfung unterbreitet werden. Dort verfasst ein Jurist oder eine Juristin einen Bericht zuhanden der Gemeindebehörden, welcher die neue Gemeindeordnung aus Sicht des Kantons beurteilt. Soweit nahm die Sache den gewohnten Verlauf.
Im Asudinger 2/2016 orientiert der Gemeinderat über dieses Geschäft. Dort stellt er unter anderem dar, dass er den Erwägungen des AGR nachkommt, indem er vorsieht
· das Instrument einer Initiative für die Änderung von Reglementen zuzulassen (Art. 20)
· Erlasse der Gemeindebehörden im Zusammenhang mit Reglementen auf Antrag einer stimmberechtigten Person unter dem Traktandum «Verschiedenes» an der kommenden Gemeindeversammlung traktandieren zu lassen.
Die Behörden bezeichnen dies gemäss Asudinger 2/2016 als bürgernah. Tatsache ist aber, dass der Gemeinderat zehn Gemeindereglemente, unter anderem das Personalreglement, unter seine alleinige Zuständigkeit stellt. Die Gemeindeversammlung wird absichtlich aussen vorgelassen, es sei denn die Bürger werden gegen einen entsprechenden Beschluss des Gemeinderates aktiv. Damit wird bewusst die Schwelle hinaufgesetzt an der Gemeindeversammlung über Reglementänderungen zu befinden und zu beschliessen. Hinzu kommt, dass Bürger, welche im Rahmen eines Referendums oder Initiative ihre demokratischen Rechte wahrnehmen, sich gegen den Gemeinderat stellen müssen und damit automatisch als Opposition wahrgenommen werden. Wie wir aus Erfahrung wissen, ist dies mit sehr viel Hektik bei den Behörden und den Einwohnern von Amsoldingen verbunden, ganz zu schweigen vom vielzitierten Mehraufwand für die Verwaltung und den Gemeinderat.
In diesem Zusammenhang ist besonders interessant, dass sich der Gemeinderat bei der Umsetzung der vorliegenden Gemeindeordnung einer wesentlichen Empfehlung des AGR widersetzt und dies im Asudinger geflissentlich übergeht.
Deshalb hat die PBA beschlossen das Dokument des AGR aufs Netz zu stellen, damit sich die Bürger von Amsoldingen selber ein Bild machen können. Ein wesentlicher Auszug des Schreibens an die Gemeinde, spricht hinsichtlich der Zuständigkeit für den Erlass oder die Änderung von Reglementen eine klare Sprache:
Auszug Zitat der Kantonjuristin vom AGR:
«Es ist ein Vorbehalt bezüglich Art. 13 Abs. 2 anzubringen, gemäss welchem bestimmte Reglemente unter Vorbehalt des fak. Referendums in der Zuständigkeit des Gemeinderates liegen.
Im Wissen, dass der Art 13. Abs 2. bereits heute besteht und mit dem Hinweis darauf, dass es sich um keinen Genehmigungsvorbehalt handelt, erlaube ich mir aufgrund der geplanten Totalrevision dennoch, den Hinweis anzubringen, dass die Regelung, wonach der Gemeinderat die aufgeführten Reglemente unter dem Vorbehalt des fakultativen Referendums beschliesst, durch das AGR nicht empfohlen wird. Dies aus folgendem Grund:
Die Reglemente enthalten die wichtigsten Regelungsgrundsätze aus dem jeweiligen Aufgabengebiet der Gemeinde. Diese Grundsätze stellen die Grundlage für die Aufgabenerfüllung dar. Aus diesem Grund stellen die Reglemente die grundlegenden Erlasse für die Regelung der Gemeindeaufgaben dar und beinhalten für sämtliche Bürgerinnen und Bürger wesentliche Vorschriften. Sie benötigen deshalb eine möglichst grosse politische Legitimation. Die grösstmögliche politische Legitimation wird durch die Stimmberechtigten erteilt, da diese das höchste Organ in der Gemeinde darstellen. Können die Stimmberechtigten über den Erlass oder die Änderung eines Reglements mitberaten, diskutieren und beschliessen, ist in der Regel die Akzeptanz der neuen Vorschrift im Alltag grösser.
Wir empfehlen deshalb den Gemeinden, sämtliche Reglemente in der originären Zuständigkeit der Stimmberechtigten zu belassen.»
Es stellt sich die berechtigte Frage, weshalb der Gemeinderat diesbezüglich die Bürger nicht offen informiert. Dies im Ausdinger einfach mit dem Satz abzutun «Die Regelung hat sich zwar in den letzten Jahren bewährt und war allgemein akzeptiert» lässt vermuten, dass der Gemeinderat an seiner Macht hängt und nicht gewillt ist, die Gemeindeversammlung über Reglementänderungen befinden zu lassen. Das ist offenbar sein Demokratieverständnis.
Zudem stimmt es überhaupt nicht, dass sich diese Regelung in der Vergangenheit bewährt hat. So gab es gleich zwei Referenden gegen die Änderung des Personalreglements. Das erste, als sich der Gemeinderat seine Entschädigung im Alleingang massiv erhöhen wollte und das zweite, als alle Verwaltungsangestellten öffentlich-rechtlich angestellt werden sollen. Das Referendum gegen die Erhöhung der Behördenentschädigungen war weitgehend durch den Unmut der Bürger getragen. In diesem Zusammenhang von einer bewährten und allgemein akzeptierten Regelung zu sprechen geht wohl an der Realität vorbei und verkennt die Ausführungen des AGR zur Akzeptanz und Legitimation von Reglementen durch die Stimmberechtigten.
Die Aussagen im Asudinger zur Totalrevision der Gemeindeordnung sind irreführend. Es wird nur auf diejenigen Punkte der Vorprüfung durch das AGR eingegangen, welche die Kompetenz des Gemeinderats zum Erlass und zur Änderung von Reglementen nicht grundlegend in Frage stellen. Kritische Hinweise werden ignoriert und den Bürgern vorenthalten.
Vielleicht ist es dieses Verhalten, welches die PBA veranlasst, von mangelndem Vertrauen in die Behörden zu sprechen. Leider handelt es sich dabei nicht um einen Einzelfall.
Wenn für die Bürger von Amsoldingen eine offene Diskussion an der Gemeindeversammlung mehr als nur ein Lippenbekenntnis ist, weisen sie die vorliegende Gemeindeordnung zur Überarbeitung zurück.
Auch wenn wir sehr viel Freude an der Rückkehr des Bibers haben, eine lebendige Demokratie lebt vor allem durch die Kompetenzen und Zuständigkeiten, welche man den Stimmberechtigten, dem höchsten Organ der Gemeinde, zuweist. Die Kompetenz zum Erlass und zur Änderung von Reglementen gehört an die Gemeindeversammlung.Die Gemeinde Amsoldingen hätte sich in der Vergangenheit einiges erspart, wenn man von diesem Grundsatz nicht abgewichen wäre.
Besten Dank und freundliche Grüsse
Der Vorstand